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Angelika Kalwass: Was am Ende zählt
TV-Psychologe wird bei ihrer Lesung sehr persönlich
Marion Bulla am 15.02.2016 um 12:00 Uhr
Sehr persönlich und bewegend: Angelika Kallwass stellte ihr neues Buch vor. Es heißt: "Was am Ende zählt: Mein Umgang mit dem Tod. Für ein erfülltes Leben". - © Foto: Marion Bulla
Sehr persönlich und bewegend: Angelika Kallwass stellte ihr neues Buch vor. Es heißt: "Was am Ende zählt: Mein Umgang mit dem Tod. Für ein erfülltes Leben". (© Foto: Marion Bulla)
Versmold. Über Trauer und Sterben hat die prominente Fernsehpsychologin
Angelika Kallwass ein Buch geschrieben, das sie jetzt auf Einladung der
Buchhandlung Krüger und der Stadtbibliothek vorstellte. »Was am Ende
zählt: Mein Umgang mit dem Tod«, lautet der Titel.
Es ist kein heiteres Thema, das Angelika Kallwass darin aufgreift. Dennoch sind etwa 80 zumeist weibliche Besucher in die Seniorentagesstätte gekommen, um die Autorin zu sehen und mehr über ihre Erfahrungen mit dem Lebensende zu hören. Und die Geschichten, die die 67-Jährige dann erzählt, sind sehr persönlich und überaus bewegend.
Sie spricht über ihren Vater, zu dem sie ein ambivalentes Verhältnis hatte – auch weil er Alkoholiker war. Doch nachdem man ihr die Nachricht von seinem Tod übermittelt hatte, war dies eine Zäsur in Angelika Kallwass’ Leben. Denn eigentlich standen sie sich sehr nahe. „Es war am 17. Dezember 1979. Er starb nur drei Tage vor seinem 57. Geburtstag einen plötzlichen Herztod."
„Der letzte Satz hat mich ein Leben lang verfolgt"
„Meine letzten Worte zu ihm am Telefon waren, dass ich ihn hassen würde und nicht zur Feier käme. Das war schlimm. Und nun war es für eine Entschuldigung endgültig zu spät", sagt die sympathische Kölnerin leise und ergänzt, sie habe es einfach nicht begreifen können, ihn nie wiederzusehen.
Dieser „verdammte letzte Satz" habe sie ihr Leben lang verfolgt, und doch könne man als Hinterbliebene seinen Frieden finden – ohne Schuldgefühle, weiß die Therapeutin. „Man muss reden, denn sonst kommt man nie aus der Trauer heraus. Wir müssen abspalten, um zu akzeptieren", betont Angelika Kallwass.
Als ihre Mutter 30 Jahre später stirbt, ist es ein ganz anderer Weg, den die Sozialtherapeutin in ihrer Trauer geht. „Sie war sehr krank und wollte sterben. Doch hier ist die moderne Medizin Fluch und Segen zugleich. Niemand muss heute mehr schreiend sterben."
Warum eine Patientenverfügung so wichtig ist
Aber wenn man nicht mehr wolle, dann dürfe man nicht gehen, bedauert Angelika Kallwass. Denn genau das wollte ihre Mutter – gehen. Dann hat die Tochter die Mutter zum Sterben zu sich nach Hause geholt. „Ich konnte mich von ihr verabschieden", sagt die Autorin.
Es ist die Klarheit, mit der Angelika Kallwass auch die Vertracktheiten ihrer eigenen Reaktionen beschreibt und analysiert, die vielen Besuchern imponiert. So zum Beispiel, wenn sie aus Kindheitserinnerungen berichtet, als sie im zerbombten Köln bei jedem Stolpern gellend aufschrie. So lange, bis sich im Gespräch mit der Mutter herausstellte, dass „fallen" nicht sterben bedeutet. Das hatte das Mädchen aber angenommen, weil all die Gefallenen, von denen die Rede war, tot waren.
Am Ende der Lesung macht Angelika Kallwass die Besucher darauf aufmerksam, dass es ganz wichtig ist, eine Patientenverfügung zu hinterlegen. Als sie die Freundin ihrer verstorbenen Mutter pflegen wollte, war dies nicht möglich, weil kein Verwandtschaftsverhältnis vorlag. Bei solchen Fragen steht Interessierten die Versmolder Hospizgruppe gern beratend zur Seite.
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